Endlich Wochenende oder Urlaub, aber plötzlich fühlst Du Dich krank und erschöpft? Das Leisure-Sickness-Syndrom (Freizeitkrankheit) könnte der Grund sein! Erfahre hier, was hinter diesem Syndrom steckt und lerne, mit welchen einfachen Tipps Du Dich langfristig erholst und so der Freizeitkrankheit den Kampf ansagen kannst.
ENDLICH Urlaub nach all dem Stress in den letzten Wochen! Wenn da nur nicht dieses Halskratzen und Hämmern im Kopf wäre… Während Du Dich nach Wochen voller Stress auf die lang ersehnte Erholung freust, lauert die sogennate Freizeitkrankheit schon hinter der nächsten Liege.
Die Freizeitkrankheit oder das sogenannte Leisure-Sickness-Syndrom bezeichnet im Kern, dass wir häufig genau am Wochenende oder im Urlaub krank werden, wenn der Stress endlich ein wenig nachlässt.
Dieses Phänomen steht in Verbindung mit unserem vegetativen Nervensystem: Wenn wir Stress haben, schießen die Stresshormone Adrenalin und Cortisol durch unseren Körper und unser Sympathikus arbeitet auf Hochtouren. Der Sympathikus versetzt unseren Körper in einen Zustand von hoher Leistungsbereitschaft. Wenn der Stress abfällt, übernimmt der Gegenspieler des Sympathikus: der Parasympathikus. Er unterstützt den Regenerations- und Erholungsprozess unseres Körpers. Bei anhaltendem Stress setzt dieser Erholungsprozess allerdings nicht ein, denn die Stresshormone feuern weiterhin durch unseren Körper. Sie sorgen einerseits dafür, dass unser Körper im Modus der Leistungsbereitschaft bleibt, aber schwächen andererseits unser Immunsystem. So kann es passieren, dass bereits eine Krankheit in uns schlummert (wegen des geschwächten Immunsystems), die aber erst ausbricht, wenn der Stress abfällt und wir nicht mehr unter dem Druck der Leistungsfähigkeit stehen. Und dieser Stressabfall passiert eben oft im Urlaub oder am Wochenende. Die Freizeitkrankheit betrifft fast jede*n Fünfte*n in Deutschland (Wundersee, 2021). Aber Krankheiten im Urlaub kann doch wirklich niemand gebrauchen. Daher schauen wir uns genauer an, inwiefern uns die richtige und rechtzeitige Erholung vor der Freizeitkrankheit schützen und so unser Wohlbefinden verbessern kann.
Dafür gehen wir der Forschung zunächst mal auf den Grund und schauen uns zwei etablierte Erholungsmodelle aus der psychologischen Forschung an.
Mejman und Mulder (1998) beschreiben in ihrem Anstrengungs-Erholungs-Modell (Effort-Recovery-Model), dass Erholung ein passiver Prozess ist, der automatisch eintritt, sobald wir keinen Belastungen mehr ausgesetzt sind. Nach diesem Modell lösen nämlich Belastungen, z. B. Konflikte oder enge Deadlines, eine Stressreaktion mit potenziell negativen Auswirkungen für unsere psychische und physische Gesundheit aus. Sobald wir den Belastungen nicht mehr ausgesetzt sind, setzt der Erholungsprozess ein und unterstützt unser Wohlbefinden. Somit sind negative Auswirkungen der Stressreaktion kurzfristig und reversibel. Sollte die Abwesenheit der Belastungen und die damit einhergehende Erholung über längere Zeit nicht einsetzen, häufen sich die Stressreaktionen allerdings und können zu chronischen Gesundheitsproblemen führen, die nur noch bedingt reversibel sind.
Eine andere Perspektive nimmt die Ressourcenerhaltungstheorie (Conservation of Ressources Theory) nach Holbfoll (1998) ein, in der sich alles um Ressourcen, also Schutzfaktoren, dreht. Das können persönliche Ressourcen sein, wie Selbstvertrauen oder Motivation, aber auch umweltbedingte Ressourcen, wie Unterstützung durch Familie, Freund*innen und Kolleg*innen, Einkommen oder Zugang zu Bildung. Nach dieser Theorie entsteht Stress durch (drohenden) Ressourcenverlust oder fehlenden Wiederaufbau. Umgekehrt sorgt Erholung für den Erhalt und Aufbau von Ressourcen und wirkt dem Stress somit entgegen. Um neue Ressourcen aufzubauen (z. B. Fitness oder soziales Ansehen erhöhen), muss oft ein gewisses Maß an Ressourcen eingesetzt werden (z. B. regelmäßiges Training oder ehrenamtliche Tätigkeit). Somit gilt Erholung in der Ressourcenerhaltungstheorie als aktiver Prozess mit dem Ziel des Ressourcenerhalts bzw. -aufbaus.
Wissenschaftlich lässt sich ganz klar bestätigen: Urlaub geht mit Erholung einher (Westman & Eden, 1997)! Allerdings ist der Erholungseffekt nur von kurzer Dauer. Durchschnittlich klingt der Erholungseffekt bereits zwei bis vier Wochen nach dem Urlaub wieder ab (Chen et al. 2016; de Bloom et al. 2009; Westman & Eden, 1997). Die Relevanz von Erholung wird deutlich, wenn wir uns die Zusammenhänge mit Indikatoren des Wohlbefindens und der Gesundheit anschauen: Erholung reduziert die negativen Konsequenzen von Stressoren (Sonnentag et al., 2010) und hängt beispielsweise mit größerer Lebenszufriedenheit, weniger Schlafproblemen und weniger Burnout- und Depressionssymptomen zusammen (Sonnentag & Fritz, 2007). Unvollständige Erholung stellt hingegen einen Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen (Herz-Kreislauf-Erkrankungen) dar (Kivimäki et al., 2006). Daher sollten wir den Urlaub so erholsam wie möglich gestalten und vor allem Erholung auch in unseren Alltag integrieren!
Vorweg: Erholung ist individuell! Während die einen sich passiv auf ihrem Handtuch am Strand oder einfach auf dem Sofa erholen, bevorzugen die anderen eine aktive Form der Erholung, indem sie Abenteuer erleben und z. B. Berge erklimmen oder die Piste runter jagen (Froböse & Tabari, 2018). Übrigens: Wenn Du Dich in der aktiven Erholung wiedererkennst, dann schau doch mal durch unser Angebot für Bildungsurlaube! Doch eines haben aktive und passive Erholung gemein: Erholung wirkt sich positiv auf unsere Gesundheit aus. Daher ist es wichtig, dass Du die passende Erholung für Dich selbst findest. Wir geben Dir ein paar Tipps an die Hand, die sich im Allgemeinen als erholungsförderlich herausgestellt haben.
1. Absprachen:
Kündige Deine Abwesenheit früh genug an. Egal, ob bei den Kolleg*innen, Familienmitgliedern, die zu Hause bleiben, Freund*innen oder Nachbar*innen. Je früher andere Menschen Bescheid wissen, desto besser lassen sich Terminkollisionen und Zeitstress vermeiden. Wichtige Aufgaben können vor dem Urlaub noch erledigt oder Verantwortlichkeiten verteilt werden. Das gilt nicht nur für den Beruf, sondern auch für das Privatleben. Muss sich jemand um Pflanzen, Tiere, Haus und Hof kümmern? Sprich es früh genug ab!
2. Vorfreude:
Wie sagt man so schön? Vorfreude ist die schönste Freude! Und das stimmt oft auch mit Blick auf den Urlaub, denn sie steigert den Erholungseffekt und die Glücksgefühle (Froböse & Tabari, 2018). Also zelebriere die Vorfreude! Lies Dir Reiseberichte durch, schaue Dir Fotos an, schreibe eine Packliste oder plane Unternehmungen für Deine Reise. Mach Deine Mitmenschen ruhig ein bisschen neidisch oder lasse sie sich mit Dir freuen :)!
ABSCHALTEN lautet die Devise. Doch das ist oft leichter gesagt als getan. Wir haben ein paar Tipps zusammengestellt, die das Abschalten erleichtern können:
1. Digital Detox:
Unser Smartphone ist im Alltag unser ständiger Begleiter und wir sind fast immer erreichbar. Im Urlaub darf aber gerne mal das Gegenteil der Fall sein! Denn je mehr wir das Handy im Urlaub in die Hand nehmen, desto geringer ist der Erholungseffekt, wie die Arbeitspsychologin Carmen Binnewies, deren Forschungsschwerpunkte Stress, Erholung und Work-Life-Balance sind, im Interview mit WELT berichtet (Röttker, 2017). Wenn Du mehr zum Thema “Digital Detox” erfahren möchtest, dann lies Dir gerne unseren Blogbeitrag dazu an.
2. Achtsamkeit:
Den gegenwärtigen Moment zu genießen, ohne mit den Gedanken immer wieder in die Zeit vor oder nach dem Urlaub zu schweifen, kann die Erholung enorm begünstigen. Das Stichwort ist: Im Hier und Jetzt leben. Achtsamkeit erfordert viel Übung. Aber keine Sorge, in unserem Blog findest Du viele hilfreiche Tipps, um Achtsamkeit in Deinem Alltag zu etablieren. Schau dich gerne mal um!
3. Niksen:
Das ist das niederländische Wort für „Nichtstun“ und ist mittlerweile weltweit populär. Nichtstun ist dabei wirklich wörtlich gemeint. Kein Bildschirm, kein Buch, keine Hausarbeit. Einfach nur die Gedanken schweifen lassen. Das fällt uns häufig schwer und die Zeit scheint sich zu ziehen wie ein Kaugummi. Langfristig verspricht das Niksen aber mehr Erholung, besseren Schlaf und schließlich auch gesteigerte Produktivität (Lavrijsen, 2021).
4. Zufriedenheit:
Je zufriedener wir in unserem Urlaub sind, desto größer ist der Erholungseffekt (Westman & Eden, 1997). Daher betont die Erholungsforscherin Carmen Binnewies, dass es wichtig ist, im Urlaub das zu machen, was wir wichtig finden und was uns glücklich macht. Und das kann ganz individuell sein! Wenn wir mit mehreren Kosten verreisen, sollte deshalb jede*r mal auf seine oder ihre Kosten kommen.
Gestalte die Rückkehr möglichst angenehm und sanft. Halte Dir Deinen Terminkalender nach dem Urlaub so frei wie möglich. Statt Dich montags direkt wieder in die Arbeit zu stürzen, kannst Du z. B. erst am Mittwoch wieder arbeiten oder die Abwesenheitsnotiz Deines E-Mail-Postfachs noch eine Weile eingeschaltet lassen. Nimm Dir Zeit, um wieder im Alltag anzukommen. Und vor allem: Etabliere Auszeiten in Deinen Alltag. Lege bewusste Pausen während des Arbeitstages ein und nutze den Feierabend und das Wochenende, um genauso bewusst abzuschalten wie im Urlaub. Denn das Abschalten von der Arbeit und die klare Trennung zwischen Arbeitszeit und Freizeit ist besonders wichtig für unsere Erholung und Gesundheit (Sonnentag et al., 2010).
Mehrere kleine Urlaube bzw. Auszeiten sind besser für unsere Erholung als ein einziger großer Jahresurlaub. Denn auch nach einem langen Urlaub hält der Erholungseffekt maximal 3 Wochen an (Westman & Eden, 1997). Aber das Gute ist: Schon kurze Auszeiten (z. B. am Wochenende) reichen aus, um die Ausschüttung der Stresshormone in unserem Körper zu reduzieren, unsere Energiereserven wieder aufzufüllen und vom Erholungseffekt zu profitieren (Mitas et al., 2012). Statt also ein Jahr auf den großen Urlaub zu warten, lohnt es sich, kurze, aber regelmäßige Auszeiten im Alltag zu etablieren.
Ein weiterer Vorteil von kurzen Auszeiten ist der geringe Aufwand: Da wir sowieso schnell wieder da sind, bleibt der große Vorbereitungs- und Packstress vor einem Kurzurlaub in der Regel aus. Und weniger Stress reduziert wiederum das Risiko für die Freizeitkrankheit.
Also, wie erhole ich mich jetzt richtig? Erholung ist individuell, daher kann es auf die Frage keine pauschale Antwort geben. Die Wissenschaft zeigt uns aber, dass Erholung ein wichtiger Schutzfaktor für unsere Gesundheit ist und daher ernst genommen werden sollte. Probiere unsere Tipps für möglichst langfristige Erholung doch mal aus: Planung im Voraus, Abschalten im Urlaub und mehrere kleine Auszeiten im ganzen Jahr. So kannst Du das Risiko für die Freizeitkrankheit reduzieren und die Erholung bleibt sicherlich länger als der Sand in Deinen Schuhen!
BARMER. (2023). Leisure-Sickness-Syndrom: Wenn die Entspannung zu spät kommt. Presse-Newsletter – Gesundheit im Blick. https://www.barmer.de/presse/presseinformationen/leisure-sickness-syndrom-wenn-die-entspannung-zu-spaet-kommt-1156500
Froböse, I., Tabari, N. (2018). Regeneration und Erholung im Alter. In:Heise, P., Axt-Gadermann, M. (Hrsg.), Sport- und Gesundheitstourismus 2030 (S. 21-32). Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-658-16076-0_2
Hobfoll, S. E. (1988). The ecology of stress. Taylor & Francis.
Kivimäki, M., Virtanen, M., Elovainio, M., Kouvonen, A., Väänänen, A., & Vahtera, J. (2006). Work stress in the etiology of coronary heart disease—a meta-analysis. Scandinavian journal of work, environment & health, 431-442.
Meijman, T. F., & Mulder, G. (2013). Psychological aspects of workload. In De Wolff, C. J., Drenth, P. J. D., Henk, T., (Hrsg.), A handbook of work and organizational psychology (S. 5-33). Psychology press.
Röttker, C. C. (2017). Zwei Tage Urlaub können besser sein als vier Wochen. WELT. https://www.welt.de/wirtschaft/karriere/bildung/article168451746/Zwei-Tage-Urlaub-koennen-besser-als-vier-Wochen-sein.html
Schaper, N. (2019). Wirkungen der Arbeit. In Nerdinger, F. W., Blicke, G. & Schaper, N. (Hrsg.), Arbeits- und Organisationspsychologie (S.573-600). Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-662-56666-4_28
Sonnentag, S., Binnewies, C., & Mojza, E. J. (2010). Staying well and engaged when demands are high: The role of psychological detachment. Journal of Applied Psychology, 95(5), 965–976. https://doi.org/10.1037/a0020032
Sonnentag, S., & Fritz, C. (2007). The Recovery Experience Questionnaire: Development and validation of a measure for assessing recuperation and unwinding from work. Journal of occupational health psychology, 12(3), 204-221.
Wundersee, P. (2021). Mit dem Urlaub kommt die Krankheit. Tagesschau. https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/urlaub-krankheit-leisure-sickness-100.html
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