Wie Achtsamkeit gegen Perfektionismus helfen kann

Nach Perfektion zu streben, ist in unserer Gesellschaft weit verbreitet und angesehen. Doch bis zu welchem Grad ist es ok, wenn Menschen immer ,,das Beste” geben wollen? Erfahre, welche gesundheitlichen Auswirkungen Perfektionismus hat, was dieser genau ist und wie Achtsamkeit Dir bei der Bewältigung helfen kann.

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In der heutigen Gesellschaft fühlen sich viele Menschen unter Druck gesetzt, immer perfekt sein zu müssen - sei es durch Bilder von scheinbar perfekten Körpern in den sozialen Medien oder durch den Vergleich mit anderen in der Arbeitswelt. So denken Menschen oft, dass wenn sie noch schöner, klüger oder besser wären, sie glücklicher im Leben sind. Doch diese Denkweise stellt häufig eine Illusion dar, die unglücklich macht und Kraft raubt. Nach Perfektion und Verbesserung zu streben, wird uns schon von klein auf gelehrt. Bekommen wir doch, wenn wir uns in der Schule anstrengen und unsere Hausaufgaben sehr gut erledigen, eher gute Noten. Auch später im Job bekommt jemand, der außergewöhnliche Leistungen erbringt und sich besonders einsetzt, meist mehr Anerkennung (Scherler & Di Giusto, 2017, S.1). Unsere heutige Gesellschaft beruht auf Leistung und Erfolg. Somit sehen wir Perfektionismus im Leben häufig als etwas Selbstverständliches an, was wir von anderen aber auch uns selbst erwarten (Spitzer, 2016, S.17).  

   

Doch können Menschen ,,das Perfekte“ überhaupt erreichen? Und um welchen gesundheitlichen Preis streben wir danach immer alles perfekt und besser machen zu wollen?

Im Folgenden wird auf das Thema Perfektionismus genauer eingegangen. Hierbei wird Dir erklärt, welche positiven Folgen, aber auch negativen gesundheitlichen Auswirkungen dieser mit sich zieht. Außerdem wird aufgezeigt, welche Rolle Achtsamkeit dabei spielen kann, etwas gegen übertriebenen Perfektionismus zu tun.

Perfektionismus- ein Überblick

Das Wort Perfektionismus werden viele Menschen kennen, doch was steckt eigentlich dahinter?

Da dieser komplex ist, existiert für den Begriff Perfektionismus keine einheitliche Definition. Im Wesentlichen geht es beim Perfektionismus um das Streben nach dem Fehlerlosen und das in verschiedenen Lebensbereichen, meistens aber im beruflichen Kontext. Die Bestrebung besteht darin, immer noch besser zu werden (Spitzer, 2016, S.3f.). Perfektionist*innen kennzeichnen sich dadurch, dass sie sehr hohe Ansprüche an sich selbst haben. Hierbei gibt es jedoch keine objektive Norm, die genau angibt, ab wann ein Anspruch hoch genug ist, um perfektionistisch zu sein. Ausschlaggebend ist, wie fordernd es für die Person wahrgenommen wird, möglicherweise auch als überfordernd und welche gesundheitlichen Auswirkungen daraus resultieren (Altstötter-Gleich & Geisler, 2018, S.44).

Wie kommt es zu Perfektionismus?

Die Entstehung von Perfektionismus hat unterschiedliche Ursachen. Zum einen stellt die Gesellschaft, Genetik, Familie aber auch das Individuum selbst entscheidende Einflussfaktoren dar. Gerade der Einfluss durch die Eltern ist gut belegt. Beispielsweise durch einen autoritären Erziehungsstil, bei dem an das Kind hohe Erwartungen gestellt werden und bei Fehlern negative Konsequenzen drohen. Aber auch durch das Vorleben von perfektionistischem Verhalten der Eltern selbst (Spitzer, 2016, S.35).

Der amerikanische Psychologe Don E. Hamachek teilte in den 1970er Jahren den Perfektionismus in zwei unterschiedliche Typen ein. Einmal in den funktionalen (positiven) Perfektionismus und den dysfunktionalen (negativen) Perfektionismus. Im Folgenden wird auf beide genauer eingegangen. 

3. Funktionaler (positiver) Perfektionismus

Grundsätzlich ist nichts daran verkehrt, nach sehr guten Leistungen zu streben und auch keine Fehler machen zu wollen. Sind diese Gedanken doch auch menschlich. In manchen Berufen, wie der Chirurgie oder bei der Steuerung eines Flugzeugs ist Perfektion zudem unausweichlich, da bereits kleinste Ungenauigkeiten zu gravierenden Konsequenzen führen würden (Grieser, 2020, S.14). Aber auch in anderen Bereichen wie im Sport oder der Kunst ist ein gewisses Maß an Perfektionismus meistens Voraussetzung, um Spitzenleistungen und Erfolg überhaupt erzielen zu können. 

Beim funktionalen (=positiven) Perfektionismus streben Personen danach, Aufgaben fehlerfrei zu erledigen. Ihnen ist dabei bewusst, dass es nicht immer möglich ist, ihre gesetzten Erwartungen und hohen Ziele zu erfüllen. Wenn doch mal ein Fehler passiert, fühlen sie sich nicht direkt in ihrem Selbstbewusstsein verletzt und können daraus Lernerfahrungen machen. Zudem hängt beim positiven Perfektionismus der Selbstwert nicht nur von der eigenen Leistung ab. Hohe Ansprüche können einen Menschen antreiben und motivieren. Dazu gehört meistens aber auch, Durchhaltevermögen und Rückschläge zu akzeptieren (Strenger, 2022, o.S.). Vielleicht stecken in einem Menschen Potenziale, die bis jetzt noch nicht entdeckt wurden? Ein Streben nach Selbstverbesserung kann dazu dienen, Dich selbst zu verwirklichen und das Beste aus Dir zu machen (Spitzer, 2016, S.44). Somit dient dieser dazu, dass Menschen sich persönlich weiterentwickeln und durch perfektionistisches Handeln Erfolg, beispielsweise im beruflichen Kontext, erreichen. 

Doch ist es ein Ideal zu denken, dass es Menschen gibt, die zwar hohe Maßstäbe an sich setzen, Themen wie Überlastung oder Misserfolge keine Probleme für sie darstellen? Gibt es Menschen, die davon nicht betroffen sind? Oder ist es eine Vorstellung unserer Leistungsgesellschaft, dass Menschen existieren, denen es nichts ausmacht? Besonders problematisch wird es, wenn Perfektionismus nicht aus der Motivation heraus betrieben wird, sondern aus Zwang und der Angst vor Kritik. Kritik wird dann meistens mit Scheitern assoziiert und die Person fühlt sich dadurch wertlos (Grieser, 2020, S.14). Einige Forscher*innen sind daher der Auffassung, dass jede Art von Perfektionismus eine Belastung darstellt, jedoch anzunehmen ist, dass es Dimensionen gibt, die problematischer sind als andere (Spitzer, 2016, S.17).

Dysfunktionaler (negativer) Perfektionismus

Perfektionismus kann problematisch werden und gravierende gesundheitliche Auswirkungen haben.  Ein dysfunktionaler (=negativer) Perfektionismus ist häufig mit Leidensdruck für Betroffene verbunden, welcher mehr oder weniger bewusst wahrgenommen wird. Beim dysfunktionalen Perfektionismus besteht eine Tendenz dazu, das eigene Selbstwertgefühl von erbrachter Leistung und Anerkennung von anderen Personen auszumachen. Die eigenen Ansprüche werden hierbei so hoch gesetzt, dass sie nicht erreichbar sind.  Der Fokus liegt zwanghaft darauf, keine Fehler zu machen. Da dies im Alltag aber nicht immer möglich ist, befinden sich Personen in einem lang anhaltenden angespannten Zustand. Personen sind schnell unzufrieden mit sich selbst und nie ganz zufrieden, auch wenn ein gesetztes Ziel erreicht worden ist. Dies liegt daran, dass immer das Gefühl besteht, man hätte es noch besser machen können, obwohl andere vielleicht auch anderer Auffassung sind (Strenger, 2022, o.S.). Es entsteht eine verzerrte Wahrnehmung, die zu einer übertriebenen Versagensangst führt (Strenger, 2022, o.S.). So verspüren betroffene Personen oft eine unangenehme Grundanspannung und Nervosität (Scherler & Di Giusto, 2017, S.2).

Festzuhalten ist, dass Perfektionismus selbst keine psychische Störung ist, sich aber sowohl auf körperliche als auch psychische Gesundheit negativ auswirken kann . Perfektionismus stellt hierbei einen Risikofaktor für viele psychische Erkrankungen, besonders in Bezug zu Depressionen, Essstörungen, sozialen Phobien und Zwangsstörungen dar. Perfektionismus ist aber nicht nur ein Risikofaktor für die genannten psychischen Erkrankungen, sondern kann auch dafür sorgen, dass diese aufrechterhalten werden, was eine Heilung erschwert. Wenn Menschen permanent damit beschäftigt sind in bestimmten Lebensbereichen alles perfekt machen zu wollen stehen sie unter einer dauerhaften Stressanspannung. Daher leiden Perfektionist*innen häufiger auch an körperlichen Beschwerden, wie Erschöpfung und Schlaflosigkeit (Spitzer, 2016, S.50f.). Durch die häufig übertriebenen Anforderungen an sich selbst kann sich zudem auch die Lebensfreude reduzieren, da es auch in der Freizeit meist nicht gelingt abzuschalten (Scherler & Di Giusto, 2017, S.2).

5. Achtsamkeit gegen negativen Perfektionismus 

Ein übertriebener Perfektionismus kann zahlreiche negative Folgen für die eigene Gesundheit haben. Doch was kannst Du dagegen tun?

Die gute Nachricht ist:  Keiner wird als Perfektionist*in geboren, sondern trainiert sich diese Verhaltensweisen im Laufe des Lebens an. Ebenso können diese wieder verlernt und neue Verhaltensweisen erlernt werden (Grieser, 2020, S.13 f.). Hierbei gibt es unterschiedliche Wege, die helfen können. Im Folgenden wird genauer auf das Thema Achtsamkeit eingegangen, welches Dir dabei helfen kann Dein Verhalten zu reflektieren.

Insgesamt kann Dir eine gute Resilienz helfen, vom negativen Perfektionismus wegzukommen und mit Fehlern besser umzugehen. Resilienz bezeichnet hierbei die psychische Widerstandsfähigkeit einer Person. Um Deine eigene Resilienz zu stärken, gibt es verschiedene Möglichkeiten, beispielsweise die eigene Achtsamkeit zu trainieren. Statt ständig darüber nachzudenken, was alles noch besser werden muss, frage Dich am Ende des Tages:

  • Wofür bist Du dankbar?
  • Was ist heute gut gelaufen?

Verschiebe Deinen Fokus dabei auf das, was du schon erreicht hast. Dadurch stärkst Du Deine Zufriedenheit und unterbrichst die Gedankengänge, dass Du nie etwas gut genug machst. 

Mache Dir hierbei bewusst, Fehler sind menschlich und sprechen nicht für Versagen. Beobachte Deine Gedankengänge und Verhaltensweisen im Alltag . Hast Du das Gefühl, dass übertriebene perfektionistische Gedanken in Dir vorgehen? Falls dies der Fall ist, überdenke, ob diese gerade wirklich notwendig sind. Müssen bei der Aufgabe 100 % erreicht werden, oder sind auch 80 % ausreichend? Überdenke auch, was im schlimmsten Fall passieren könnte, wenn Du die Aufgabe nicht perfekt erledigst. Ist es den Stress und Deine gesundheitliche Verfassung wirklich wert? Sei hierbei achtsam mit Dir selbst. Mach Dir bewusst, dass ,,das Perfekte“ zu erreichen meist eine Illusion ist. Du bist gut so wie Du bist und in den meisten Fällen ist auch ein gutes Ergebnis ausreichend. Es ist wichtig, immer wieder im Alltag bewusst Pausen einzulegen und dem Körper Zeit zur Regeneration zu geben. Dadurch können Deine Energiereserven wieder aufgefüllt werden und Du gestärkt weitermachen. Bedenke also, Pausen sind keine Zeit, in der Du nicht produktiv sein kannst, sondern wichtig, um leistungsfähiger und gesünder zu sein. Mache Dir das auch in stressigen Phasen immer wieder bewusst. Ist Deine Batterie erstmal leer, besteht die Gefahr für ein Burnout oder weitere gesundheitliche Auswirkungen und es dauert viel länger, wieder fit zu werden. Mache Dir daher täglich bewusst, dass Du es verdient hast, Pausen zu machen und Dich auszuruhen. Plane hierbei Pausen direkt in Deinen Alltag ein und nimm Dir ganz bewusst Zeit für Aktivitäten, von denen Du weißt, dass diese Dir Freude bereiten oder Du dabei entspannen kannst (Strenger, 2022, o.S.). Versuche dadurch Deine eigene Achtsamkeit zu trainieren. Manchmal solltest Du einen Gang zurückgehen und Deine eigene Gesundheit an erster Stelle setzen. Einigen hilft hierbei Meditation, anderen die Ausübung von Yoga, um die Achtsamkeit zu stärken. Finde heraus, was Dir gut tut und bedenke Einsicht ist der erste Weg zur Besserung !!!

Fazit:

Zusammenfassend beschäftigt sich der Beitrag mit verschiedenen Aspekten von Perfektionismus und den Auswirkungen auf die Gesundheit und das Leben. Perfektionismus kann Dich antreiben und für Weiterentwicklung sowie Erfolg sorgen. Jedoch ist übertriebener Perfektionismus schädlich für Deine körperliche und  psychische Gesundheit. Es kann zu Schlaflosigkeit, Erschöpfung und einer andauernden Grundanspannung kommen und negativer Perfektionismus  stellt einen Risikofaktor für viele psychische Erkrankungen, wie Depression oder Essstörungen dar.  Daher ist es wichtig, dass Du dem entgegenwirkst, beispielsweise durch die Stärkung Deiner Achtsamkeit und Resilienz. Fokussiere Dich bewusst darauf, wofür Du dankbar bist und was Du schon alles geschafft hast. Zudem ist es wichtig, immer wieder bewusste Pausen einzulegen, um dem Körper Zeit zur Regeneration zu geben.  Probiere hierbei auch mal Yoga oder Meditation aus, um Deine Achtsamkeit zu stärken. 

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Quellen:  

Altstötter-Gleich, C., Geisler, F. (2018). Perfektionismus. Mit hohen Ansprüchen selbstbestimmt leben.

Grieser, F. (2020). Gut genug statt perfekt Perfektionismus loslassen – entspannter leben. Paderborn: Junfermann.

Scherler, P., Di Giusto, F. (2017).  Perfektionismus, der Feind des Guten. https://digitalcollection.zhaw.ch/bitstream/11475/10045/3/2015_Di_Giusto_Arbeitsorganisation_Perfektionismus.pdf, Stand 11.12.2023

Spitzer, N. (2016). Perfektionismus und seine vielfältigen psychischen Folgen. Heidelberg: Springer. 

Strenger, K. (2022). Perfektionismus. Fluch oder Segen? Better done than perfect. https://katharina-stenger.de/perfektionismus/, Stand 11.12.2023

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